Kulturtechnik: Vermehrung durch Stecklinge
Stecklinge
Stecklinge sind die einfachste Art der Vermehrung überhaupt und die Erfolgsquote liegt mit ein bischen Know-how bei nahezu 100%. Wer es einmal probiert wird zum Wiederholungstäter. Du bekommst sortenreine Pflanzen und hast gleich auch etwas Tolles zu verschenken!
Im Gegensatz zur generativen (geschlechtlichen) Vermehrung von Pflanzen aus Samen sind Stecklinge, Steckhölzer, Ableger, Rhizomstücke und andere Pflanzenteile praktisch so etwas wie Klone einer Pflanze, die alle Eigenschaften der Mutterpflanze weiter tragen. Im Gärtnerlatein heißt das dann vegetative Vermehrung. Jeder kennt sicher auch Oma´s Usambaraveilchen, deren Blätter einfach abgezwackt und in einen Topf mit Erde gesteckt werden um neue Pflanzen zu erhalten.
Viele Stauden lassen sich durch Teilen der Wurzelballen im Frühjahr gut vermehren. Einige sind aber nicht teilbar, weil sie ein Wurzelsystem haben, das sich nicht auseinandernehmen lässt (Pfahlwurzeln), sie lassen sich sehr gut über Stecklinge von den Triebspitzen und durch Rhizomteile vermehren. Gräser werden im Frühjahr geteilt, Zwiebeln und Knollen vermehren sich über Brutzwiebeln und erweiterte Knollen selbst.
Stauden, Halbsträucher und Sträucher können heute über sehr verschiedene und wirklich faszinierende Methoden in großen Mengen vermehrt werden, für einen Amateur wie mich sind die einfachen traditionellen Vermehrungsformen völlig ausreichend.
Trieb- und Spross-Stecklinge
Ableger
Absenker
Abrisse (vom Rhizom)
Wurzelstecklinge
Bewurzelung im Wurzelväschen
Der richtige Zeitpunkt ...
... ist ein Streitpunkt. Die einen sagen, es geht immer, die anderen sagen es geht nur nach dem Mond. Trotz meiner begrenzten Erfahrung traue ich mich zu behaupten: für die meisten Stauden ist der geeignete Zeitpunkt dann, wenn sich die Pflanzen in der Phase des kräftigsten Wachstums befinden, oft ist dies im Mai oder Juni der Fall. Das kann vor der Blüte (aber nie mit der Blüte) oder nach dem Rückschnitt beim Wiederaustrieb sein. Bei spät austreibenden Pflanzen und Herbstblühern ist das erst entsprechend später.
Leider bitten die Pflanzen nicht darum, gestutzt zu werden, etwas Aufmerksamkeit ist deshalb nicht schlecht: schneide Stecklinge dann, wenn die Pflanze gesundes Wachstum zeigt, die Blätter grün und saftig und die Stängel noch nicht komplett verholzt aber kräftig sind und sich noch keine Blüten am Kopfende zeigen. Knospen müssen entfernt werden, denn die Pflanzenteile sollen ihre Kraft für die Ausbildung der Wurzeln verwenden. So bin ich jedenfalls immer ganz gut zurechtgekommen, ohne mich zu verkünsteln.
Einige Pflanzen, dazu gehören Oleander, viele Kräuter wie Rosmarin und einige Salbei-Arten bilden im Blumenväschen Wurzel aus - die können getrost in Erde gesteckt werden, sie wachsen problemlos an. Das kann man ohne viel Aufwand einfach ausprobieren. Das gilt auch für viele Zimmerpflanzen, wie z.B. den Weihnachtsstern und Ficus-Arten, die so einfach vermehrt werden können.
Das richtige Substrat
Damit sich Stecklinge gut entwickeln und vor allem die Wurzelsysteme sich kräftig ausbilden können ist am besten Anzucht- und Jungpflanzenerde geeignet, ganz normale Blumenerde, die in der Regel nicht sehr stark gedüngt ist, tut es jedoch auch, wenn etwas Bewurzelungspulver zugegeben wird.
Zwei Ausnahmen gibt es: für Pflanzen, die saure Erde brauchen, wie z.B. Hortensien-Stecklinge verwende ich ein Gemisch aus Reife-Kompost, Rhododendron-Erde und Sand, für Pflanzen, die viel Kalk und einen hohen pH-Wert benötigen, das sind viele Mittelmehrkräuter wie Lavendel, Artemisia-Arten, Oleander usw. gebe ich zur selbstgemischten Jungpflanzenerde etwas Algenkalk dazu. (> Beste Erde für Sämlinge und Jungpflanzen)
Stecklinge vorbereiten
Die ideale Länge der Stecklinge, ob mit oder ohne Trieb-Kopf sind 10-15 cm. In dieser Länge sollten sich mindestens zwei Augen befinden, das sind die kleinen Knötchen am Blattansatz. Die untersten Blätter werden abgenommen, deren Augen sollen in die Erde und Wurzeln bilden. Die Schnittstelle sollte schräg etwas unterhalb der untersten Knoten mit einem scharfen Messer erfolgen (nicht quetschen).
Die oberen Knospen können ihre Blätter behalten, es sei denn, sie sind sehr groß, dann ist es wegen der starken Verdunstung besser, die Blattspitzen auf die Hälfte zu kürzen. Der Rest muss ausreichen, damit die Pflanze weiterhin Photosynthese betreiben kann.
Bevor die Pflanzenteile in die Erde gesteckt werden, tauche ich sie in Bewurzelungspulver, das besteht in der Regel aus getrockneten Algen, verhindert Fäulnis und macht den Pflanzen Appetit. Feucht halten versteht sich, aber nicht ersäufen. Viele Empfehlen für die erste Zeit eine Haube aus Plastiktüten - irgenein umgestülptes Glas oder Weckglas erfüllt den selben Zweck. Ist es regnerisch und kühl braucht man gar nichts. Hell Aufstellen aber nie in die direkte Sonne, ein schattiges Plätzchen unter einem Strauch im Garten ist genau richtig.
Pflegen
Die Bewurzelung dauert unterschiedlich lange, manche benötigen nicht einmal 4 Wochen, manche, wie z.B. der Lorbeer sehr viel länger, nur Geduld. Die Stecklinge müssen im ersten Winter an einem hellen, kühlen Platz überwintert werden. Für frostfeste Pflanzen ist das Hochbeet mit Aufsatz ideal, für empfindlichere Gesellen bietet sich ein Platz im Kühlen Treppenhaus oder im Keller mit Pflanzenleuchten an.
Wichtig ist, dass die Stecklinge in den ersten Monaten nie austrocknen auch dann nicht, wenn es sich um Magerkünstler handelt, die Trockenheit lieben.
Aus- oder umpflanzen
Vermehren: Juni/Juli Triebe ohne Blüten, neu, nicht verholzt,
Knapp unter Blattknoten, Blätter entfernen bis auf 2, diese hälftig zurückschneiden, Bewurzelungspulver,
Anzuchterde oder Sand und Gartenerde
Heller Standort ohne Sonne (absonnig), gleichmäßig Feucht halten. Nach 4-6 Wochen bewurzelt, dann in größere Töpfchen umpflanzen (Hortensienerde)
Im ersten Jahr müssen die Jungpflanzen frostfrei und kühl im Topf überwintert werden, sie sind dann noch nicht winterhart.
Hortensien sind Flachwurzler, sie haben feine Wurzeln, die oberflächennahes Wasser gut aufnehmen. Deshalb frische Hortensienerde im Wurzelbereich immer gut, ebenso Mulch
Das muss nicht Rindenmulch sein, Laub, möglichst das eigene ist bestens geeignet.
Alte Gartenbank mit Jungpflanzen © garten-puk.de
Will man Samen frühzeitig zum Keimen bewegen, damit sie früher im Garten blühen oder Früchte tragen, dreht man an dieser inneren Uhr. Licht ist dazu unerlässlich. Genügend Licht gibt es für die meisten Pflanzen aber erst ab Mitte März. Eine Fensterbank reicht selbst dann noch nicht wirklich aus. Als einzig technische Ausstattung sind deshalb Pflanzenleuchten mit einem optimiertem Lichtspektrum wirklich sinnvoll. Dazu noch eine Zeitschaltuhr für die Steckdose, und alles wird viel, viel einfacher. Wie lange beleuchtet wird, hängt von der Leuchte und den natürlichen Lichtverhältnissen ab, 8 Stunden sind meist genug und die LEDs brauchen wirklich nicht viel Energie.
Was garantiert nicht klappt, ist die Anzucht über einem Heizkörper oder an einem Südfenster, das sind typische Fehler, die ich auch gemacht habe. Dort ist auch bei Wintersonne zu wenig (zu kurz) Licht und viel zu viel Wärme. Zunächst sieht alles recht gut aus, aber dann ‚vergeilen‘ die Sämlinge sehr schnell, werden weich, lang, hell und dünn, fallen um und lassen sich nicht gut pikieren. Mit Pflanzenleuchten und einem kühleren Ost- oder Nordfenster fallen diese Probleme schon mal weg.
Die Leuchten können im richtigen Abstand zu den Pflanzen an einer Gardinen- oder Spannstange leicht befestigt werden. Darunter steht ein Tischchen für die Anzuchtschalen und -Paletten.
⭐ Wärme
Die
Keimtemperatur und die richtige Temperatur zur Weiterkultur der jungen Pflänzchen ist der zweite wichtige Faktor. Häufig keimen Samen in einem Bereich von
15°- 22° C
und wollen danach lieber kühler gestellt werden, etwa bei
10°-15° C oder noch weniger. Jetzt kommt es darauf an, welche individuellen Möglichkeiten zur Verfügung stehen (Hochbeet mit Fensteraufsatz, kleines Foliengewächshaus auf der Terrasse, helles, kühles Treppenhaus oder Pflanzenleuchte im kühlen Keller?)
Nur einige Gemüse, wie Tomaten, Paprika, Chilli und Co. brauchen für das Jungpflanzen-Dasein noch wärmere Temperaturen, ebenso einige tropische Pflanzen. Die bleiben dann natürlich im Haus.
Wenn es im Früh- oder Hochbeet zu kühl wird, wachsen die Pflänzchen zwar sehr langsam oder gar nicht, passen sich aber schon etwas an die Bedingungen draußen an. Frost ist nur für die ganz Harten auszuhalten (das sind meist Zweijährige und Stauden). Notfalls müssen die Töpfchen bei tiefen Temperaturen unter 5° C für eine Nacht ins Gartenhäuschen oder in den Keller, nur nicht in ein warmes Zimmer, das wäre für sie ‚Mega-Stress‘. Wer ein Kalthaus hat (unbeheiztes aber frostfreies Gewächshaus) hat ideale Bedingungen - ein Gärtnertraum!
⭐ Wasser
Das Abdecken der Samenschalen und Töpfe mit Folien, Tüten oder Gläsern wird penetrant und immer empfohlen, das erhöht die Luftfeuchtigkeit und erspart das Gießen. Das ist jedoch wirklich nur für die Keimphase empfehlenswert, in der die Samen mit Feuchtigkeit benetzt sein müssen, sonst quellen sie nicht oder verkleben.
Für die richtige Feuchtigkeit im Substrat benötigt man ein wenig Fingerspitzengefühl. Dies beginnt bereits beim Angießen der Saatpaletten oder Schalen: wenn das Wasser unten herausläuft war es zu viel. Die Erde darf nur gut feucht, nie durchnäßt sein, und schon gar nicht darf Wasser stehen bleiben, das nehmen die zarten Wurzeln sofort übel. Das Überbrausen der Anzuchterde mit der Gießkanne muß also gekonnt, gleichmäßig und kurz sein. Ich mach´s lansam und mit weichem Strahl - hab ja keinen Großbetrieb und ein paar Minuten Zeit. Ganz normales Leitungswasser, nicht unbedingt eiskalt, ist absolut ausreichend. Ob kalkhaltig oder nicht, das spielt erst später eine wichtige Rolle. Wer mag kann das Wasser ja eine Weile stehen lassen, bis es Zimmertemperatur hat.
Von Minigießkannen, Balonbrausen und Zerstäuber-Flaschen habe ich mich getrennt. Für meine kleinen Verhältnisse hat sich eine
Kunststoff-Spritzflasche mit einer feinen Tülle, die notfalls sogar tröpfchenweise Wasser abgeben kann, bestens bewährt (Laborbedarf/Internet). Die Blättchen werden nicht naß, verkleben nicht und werden nicht umgegossen. Für größere Pflänzchen nehme ich meine Zimmer-Gießkanne mit langem, dünnen Ausguss, da kommt man überall hin. Was hier am besten funktioniert muß jeder selbst herausfinden.
⭐ Erde
Qualitativ hochwertige Anzuchterde ist fein, enthält kaum Dünger, ist locker, schimmelt nicht und hat ein gutes Wasserhaltevermögen bei gleichzeitiger Durchlässigkeit. Sie darf keinen Dünger enthalten, sonst entwickeln sich die Wurzeln nicht ausreichend - und das ist sehr wichtig für eine kräftige, resiliente Pflanze. Ganz normale Blumenerde, gemischt mit Sand ist deshalb keine schlechte Wahl, sie ist in der Regel nicht so kräftig gedüngt. Für mediterrane Kräuter ist das aber immer noch zu viel.
Die ‚meistgekauften‘ Kräuter- und Anzuchterden sind deshalb ein wirkliches Ärgernis. Das Material besteht zum größten Teil aus viel zu großen Holz- und Rindenteilen bis zu 2 cm Größe (!), das kannst Du für feine Samen vergessen! Regelmäßig ist die Erde bereits im Plastiksack schimmelig und ebenso regelmäßig tauchen Trauermücken auf, die man erst recht nicht brauchen kann. Außerdem ist das Substrat für viele Kräuter einfach zu sauer (pH 5,5). Nicht jeder Schimmel ist für die Pflanzen gefährlich, für allergiegeplagte Menschen allerdings schon.
Abhilfe: sieben und im Backofen sterilisieren (120°C ca. 45 Min) eine alte Tortenform oder ein tiefes Backblech ist dafür bestens geeignet. Wenn man das ohnehin machen muss, wozu dann teure Erde kaufen?
Ein TIP: Verlange feine Anzuchterde ohne Torf mit einem nur leicht sauren pH-Wert (6.0), da bleiben nur 2-3 taugliche Produkte übrig. Zuschlagsstoffe wie Algen oder etwas Perlite (Wasserspeicher) schaden keinesfalls, ebenso natürliche Wurzelaktivatoren.
Wenn irgend möglich, mache ich inzwischen meine Anzuchterde selbst. Der Aufwand ist bei kleinen Mengen nicht hoch: sieben, mischen, sterilisieren, beleben. Das dauert insgesamt nie länger als 1-2 Stunden.
⭐ Aufmerksamkeit
Sämlinge und Jungpflanzen brauchen zweimal am Tag nur wenige Minuten Aufmerksamkeit, das ist nicht viel aber wichtig. Die Kulturanweisungen auf den Samentütchen sind verständlicherweise sehr allgemein, deshalb habe ich mir zu den einzelnen Sommerblühern und Stauden kleine Tabellen angelegt, die Du bei den jeweiligen >Sommerblumen findest.
Ein Beispiel:

Vor allem während der Keimung: Licht, Feuchtigkeit und Temperatur beobachten
Lichtkeimer, deren Samen meist nur leicht angedrückt werden, decke ich bis zur Keimung transparent ab, Dunkelkeimer dunkel mit einem Stück schwarzer Folie (>Kalt-, Warm-, Licht- und Dunkelkeimer)
- Stimmt die Feuchtigkeit? Aufdecken und abtrocknen lassen oder tröpfchenweise gießen? Oft bildet sich ein fast unsichtbarer
weißer Flaum auf der Erde, der meist harmlos ist und mit einem kleinen Pinsel weggenommen werden kann. Andere Schimmelpilze können die Sämlinge jedoch schädigen.
Wenn Schimmel stärker wird, egal welche Farbe er hat, die Sämlinge umfallen, gelb werden oder verkrümmt wachsen, kannst Du versuchen, schnellstmöglich die befallenen Stellen großzügig wegzunehmen. Oft hilft das aber nicht und man fängt am besten von vorne an. Sicherheitshalber kannst Du Töpfchen und Geräte desinfizieren, Mittelchen dafür hat ja nun jeder zu Hause. Schimmelbildung kann an der Erde, an zu viel Feuchtigkeit oder an schlechtem oder zu altem Saatgut liegen.
- Selbst gesammelte Samen von Wildblumen keimen oft sehr schlecht, das ist normal und in der Natur so vorgesehen. Gekauftes hochwertiges Saatgut wird aber von guten Herstellern auf seine Keimfähigkeit geprüft und sollte funktionieren. Egal wie, nach 2 Jahren nimmt die Keimfähigkeit bei den meisten Samen rapide ab. Wer sicher gehen will, kann im Februar schon einmal einen Keimversuch starten.
- Manche Samen keinem schon nach sehr kurzer Zeit, manche brauchen Wochen. Wenn die allererste, weiße Wurzel sichtbar wird und sich in die Erde bohrt, lösen sich wenig später die Keimblätter aus der Samenkapsel. Ist es jetzt zu trocken, verkleben die Keimblätter mit der Kapsel und können sich nicht mehr lösen. Oft gibt der kleine Sämling auf, wenn er nicht rechtzeitig befeuchtet wird.
- Nach der Keimung wird die Abdeckung abgenommen, ab jetzt muss tröpfchenweise gegossen werden, gerade soviel, dass die Erde leicht feucht bleibt. Je tiefer die Wurzeln reichen umso mehr Trockenheit vertragen die Sämlinge, einfach mal von unten gucken!
... und nun der Reihe nach
1. Ansäen
- Saubere, ggf. desinfizierte Anzuchtschalen oder -Paletten mit Anzuchterde füllen und gut befeuchten, zu viel Wasser sorgfältig ablaufen lassen, evtl. Töpfchen für ein paar Minuten auf ein saugendes altes Küchentuch stellen. Schalen ohne Wasserlöcher sind unbrauchbar.
- Samen nicht zu dicht aussäen, Abstand 1,5 - 2 cm
- Feine Samen nur leicht andrücken, kleine Samen in Samendicke mit feinem Sand oder Anzuchterde bedecken, große Samen zweimal so tief wie der Samen dick ist in die Erde stecken, mit Erde bedecken und nochmals befeuchten. Dunkelkeimer zusätzlich mit lichtundurchlässiger Folie abdecken (keine Pappe, die saugt Wasser und schimmelt manchmal).
- Anzuchtgefäße mit transparentem Deckel abdecken (Gemüse- oder Nudelschalen dazu aufheben, sie eignen sich ganz hervorragend, natürlich auch Glasbehälter und ausgediente transparente Tiefkühlboxen)
- Bis zur Keimung feucht aber nie nass halten, ggf. aufdecken bis das überschüssige Wasser verdunstet ist.
- Wenn die Keimblätter sich aus den Samenkapseln gelöst haben, Abdeckung entfernen und ggf. tröpfchenweise gießen (Spritzflasche)
- Einige Sämereien keimen ungleichmäßig, also nicht alle zum gleichen Zeitpunkt. Das hat nichts mit der Keimfähigkeit an sich zu tun, die Pflanzen haben es in ihren Genen und in der Natur macht das manchmal durchaus Sinn.
Sämlinge von Löwenmäulchen, pikierte Löwenmäulchen nach 7 Tagen, pikierte Schmuckkörbchen © garten-puk.de
2. Pikieren
- Pikieren (Vereinzeln) der Sämlinge ist immer noch die beste Möglichkeit die kräftigsten und gesündesten Sämlinge auszulesen und darum geht es letztendlich auch.
- Pikiert werden feine Sämlinge, die in Saatschalen ausgesät wurden, sobald die winzigen Pflänzchen an den
Keimblättern greifbar sind. Die weißen, weichen Stiele könnten sonst schnell gequetscht werden. Ob man abwartet, bis die ersten richtigen Blättchen zu sehen sind kommt darauf an, wie lange die Wurzeln schon sind, also ab und zu den Boden begutachten. Das geht mit transparenten Pflanzschalen natürlich am besten.
Das ist schon nicht ganz einfach und ein feines Handwerk aber es geht einfacher als es aussieht. Obwohl die Wurzeln oft nicht ganz vollständig bleiben, nehmen die Pflänzchen das mit Links. Da hast Du es mit winzigen, unglaublichen Kraftpaketen zu tun (auf YouTube gibt es viele gute Filmchen dazu. Ein feiner Holzspatel oder ein Löffelstiel erleichtern das herausheben). - Die Erde muss zum Pikieren unbedingt trocken oder nur sehr leicht feucht sein, sonst reißen die Wurzeln sehr schnell. Die Sämlinge lassen sich mit dem Holzspatel oder einem Stäbchen leichter auseinander ziehen. Im neuen Töpfchen darf dafür gut angegossen werden (aber kein Wasser stehen bleiben).
- Für Sommerblüher und Stauden heißt es jetzt unbedingt: kühler stellen! Wer mit einem vorübergehenden Wachstumsstillstand gerechnet hat, täuscht sich: schon ein bis zwei Tage später wachsen die Winzlinge sichtbar und schneller weiter.
- Wärmeliebende Gemüse, wie Tomaten, Paprika, Chilis usw. können über die nächsten Wochen im Haus weiterkultiviert werden, sie brauchen schnell größere Töpfe und mehr Dünger.
Ab Mitte Mai, nach den ‚Eisheiligen’, dürfen sie an einen geschützten Standort ins Freie, müssen aber langsam an Sonne, Wind und Wetter gewöhnt werden.
3. Düngen
- Das erste Düngen mit einem Flüssigdünger (ganz normaler Blumendünger reicht vollkommen aus) ist
meist 3-4 Wochen nach der Keimung notwendig. Der kleine Verpflegungsrucksack, indem alles enthalten ist, was ein Sämling in den ersten Wochen benötigt, ist dann aufgebraucht.
50% der angegebenen Dünger-Menge sind für Sämlinge und Jungpflanzen vollkommen ausreichend, für ausgesprochene Schwachzehrer (viele Kräuter) genügt etwa 30%.
- Die
Düngeintervalle bestimmt die Pflanze: bei
Starkzehrern wöchentlich, bei Schwachzehrern 14 Tage (so ungefähr). Das ist sehr gut am Wachstum erkennbar: werden die untersten Blättchen gelb oder wachsen die Pflänzchen mehrere Tage gar nicht mehr, ist es zu wenig, wachsen die Blätter unförmig, schlapp und krüppelig, ist es zu viel. Richtig gedüngte Jungpflanzen wachsen einfach schön symmetrisch und senkrecht nach oben, ohne umzufallen. Die Stängel ‚tragen’ die Pflänzchen und entwickeln sich kräftig. So leid es mir tut - von schwachen, kranken oder unförmig wachsenden Pflanzen trenne ich mich gleich, ein schnelles Ende ist für die Pflanzen und für mich das Beste.
Agastache Jungpflanze, Jungpflanzen beim Aklimatisieren, Lavendel Jungpflanzen im 2. Jahr © garten-puk.de
4. Aklimatisieren
- Sind die Jungpflanzen kräftig genug um sie ins Beet zu setzen, das sollte auf Mitte Mai hingetrimmt sein, sollten sie 10-15 cm hoch und verzweigt sein. Um sie hierfür fit zu machen, müssen sie an Wind und Wetter gewöhnt werden. Ich stelle meine Jungpflanzen deshalb so bald wie möglich nach Draußen, zunächst in den Schatten, allmählich in die Sonne. Das ist häufig schon im April der Fall.
- Sind
Frühlingsstürme, Hagel und Starkregen zu erwarten, dürfen sie an einen geschützten Ort (über Nacht z.B. unter den Tisch, ins Gartenhäuschen oder ins abgedeckte Hochbeet). Wetterkapriolen gab es auf Grund der höheren Lage bei uns schon immer, schade um die Pfingstrosen und die abgeschlagenen Apfeltriebe, alles andere erholt sich meist erstaunlich schnell.
5. Auspflanzen
- Jungpflanzen ebenerdig, d.h. nicht tiefer als sie im Töpfchen standen, an Ort und Stelle setzen, die Erde drumherum muss vorher gelockert und evtl. mit Pflanzerde aufbereitet sein.
- Damit sie gut Fuß fassen, etwas Bewurzelungspulver ins Pflanzloch geben und an- aber nicht umgießen!
- Jungpflanzen müssen in den ersten Wochen und Monaten etwas behütet werden, die Erde darf nie ganz austrocknen. Droht Starkregen, stülpe ich schon einmal einen Kübel über die Pflanzen, warum nicht?
- Schutz vor grabenden Amseln, Schnecken, Katzen und anderem Getier: bewährt haben sich bei mir dornige Ästchen (Schnitt vom Sanddorn), die auf die Erde zwischen die Pflanzen gelegt werden oder Stöckchen, zwischen die kreuz und quer ein Strick gespannt wird. Schnecken werden im Beet am besten sofort weiträumig aufgespürt und entfernt, das gehört im Mai ohnehin zur Routine. Oft genügt verstreuter, getrockneter Kaffesatz oder ein Besprühen mit Niem-Lösung, manchmal komme ich um Schneckenkorn nicht herum (das für den Bioanbau zugelassene Mittel mit Eisen-III-Phosphat halte ich für vertretbar).
- Wenn die Gartenerde gut ist, muss auch nicht mehr gedüngt werden, das gilt natürlich nicht für starkzehrende Stauden und Gemüse wie Tomaten, Paprika, Kürbis und Co.
Nützliche Geräte:
- Kunststoffschalen (gesammelte Nudel und Gemüseschalen), mit Löchern als Saatschale, ohne Löcher als Abdeckung für die Keimung, kleine Kunststofftöpfchen (verschiedene Größen)
- Pinzette (für die Samen), Holzstäbchen, kleine Löffel, kleiner Pinsel
- Altes Tablett, Holzkiste oder Untersetzer für Balkonkästen
- dunkle Folie (aus alten Säcken für Erde)
- Pflanzenschildchen, z.B. aus Joghurtbechern geschnitten (Hölzchen schimmeln schnell)
- Spritzflasche (Laborbedarf), Zimmergießkanne mit langem, dünnen Ausguss
- Pflanzenleuchten und Zeitschaltuhr, ggf. Verlängerungskabel und Spannstange fürs Fenster